Stuttgart (ots) –
Im Sommer 2022 veröffentlichte das Deutsche Tierschutzbüro Bildmaterial aus dem größten Kaninchenzuchtbetrieb in Deutschland. Die Aufnahmen sind in einer umfangreichen Undercover-Recherche entstanden. Immer wieder wurden die Zustände im Betrieb der Firma Dr. Zimmermann Kaninchen GbR in Abtsgmünd, Ostalbkreis (Baden-Württemberg), auch durch versteckte Kameras, dokumentiert. So zeigen die dem Deutschen Tierschutzbüro zugespielten Bilder Kaninchen dicht gedrängt in engen Käfigen, wobei sich die Gitterstäbe in die empfindlichen Pfoten der Tiere drücken. Es sind auch kranke und zum Teil stark verletzte Tiere zu sehen. „Offenbar geht es dem Betreiber nur um den Profit „, empört sich Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender vom Deutschen Tierschutzbüro e.V. Der Hauptvorwurf ist aber, dass kranke Tiere unsachgemäß (not-)getötet worden sind. Versteckte Kameras filmten, wie verschiedene Mitarbeitende Kaninchen mit einer Eisenstange erschlagen haben. Einige Tiere wurden auch einfach an den Hinterläufen gepackt und auf den Boden geschlagen. „Es gab Tiere, die nach diesem Gewaltakt noch klare Lebensanzeichen zeigten. So etwas Brutales habe ich lange nicht mehr gesehen“, sagt Peifer und weiter: „Wir meinen, dass die dokumentierte Art des Tötens nach dem Tierschutzgesetz verboten ist, vor allem, weil es teilweise an einer zeitnahen Abschlusshandlung gefehlt hat, um sicherzugehen, dass die Tiere auch wirklich tot sind“.
Nachdem das Unternehmen und seine Inhaber eine erste Berichterstattung durch das Deutsche Tierschutzbüro und seinen Vorsitzenden verbieten ließen (diese setzen sich gegen das Verbot aktuell gerichtlich zur Wehr), konfrontierte das Deutsche Tierschutzbüro den Zuchtbetrieb und seine Inhaber noch einmal mit dem Inhalt der Aufnahmen und gab ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme, dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass im Rahmen des Verfahrens um das erste Berichterstattungsverbot bekannt wurde, dass der Zuchtbetrieb eine Zulassung zur Haltung von Tieren zu Versuchszwecken besaß.
Obgleich das Deutsche Tierschutzbüro die Stellungnahme berücksichtigte, in der der Betrieb und seine Inhaber die Vorwürfe bestreiten und unter anderem darauf verweisen, dass es bei Kontrollen durch die Behörden keine Beanstandungen gegeben habe, und das Deutsche Tierschutzbüro deutlich hervorgehoben hat, dass sich die Vorwürfe nicht gegen die Inhaber des Betriebs persönlich richten und man darüber hinaus niemanden vorverurteilen wolle, erwirkten der Betrieb und seine Inhaber erneut eine einstweilige Verfügung gegen die Berichterstattung. Dies nach Ansicht des Deutsche Tierschutzbüros mit dem Ziel, jegliche Berichterstattung unter Nennung von Ross und Reiter zu verhindern. Die einstweilige Verfügung hat das Oberlandesgericht nunmehr mit Urteil vom 30.08.2023 (Az. 4 U 54/23) aufgehoben. Es betont dabei, dass sich das Deutsche Tierschutzbüro an die presserechtlichen Vorgaben einer ordnungsgemäßen Berichterstattung gehalten habe und daher auch den Firmennamen nennen dürfe. Das Gericht führte unter anderem aus, dass
„der Berichterstattung ein erheblicher Informationswert zukomme, denn es bestehe ein hohes, wenn nicht gar überragendes öffentliches Informationsinteresse an der Aufdeckung von Missständen im Zusammenhang mit der Tierhaltung. Dies zeige sich auch daran, dass in Art. 20a GG der Schutz von Tieren als Staatsziel definiert worden sei. Die unstreitig – illegal – im Betrieb der Klägerin Ziffer 1 gefertigten Aufnahmen deckten erhebliche und schockierende Missstände im Betrieb der Klägerin Ziffer 1 auf, denn die gefertigten Aufnahmen dokumentierten tote, kranke und verletzte Tiere, Tötungen von Mitarbeitern durch auf den Boden schlagen, Tötungen mit einer Eisenstange, wobei die Tiere dann längere Zeit liegen gelassen worden seien, obwohl sie noch lebten.“
und weiter,
„Die Filmaufnahmen zeigen schockierende Bilder, die man als Verbraucher nicht sehen will, deren Verbreitung aber erforderlich sind, um die Öffentlichkeit aufzurütteln und einen verantwortungsvollen Umgang mit Tieren – seien es Nutz- oder Versuchstiere – zu erreichen. Wenn es in ihren Betrieben zu derart erheblichen Missständen kommt, müssen es Betreiber wegen des daran bestehenden erheblichen Interesses und der damit angestoßenen Diskurse hinnehmen, wenn darüber – auch unter Namensnennung – in der Öffentlichkeit berichtet und diskutiert wird.“
„Wir freuen uns sehr über dieses Urteil, denn es zeigt, dass Missstände im Bereich der Massentierhaltung offen benannt werden dürfen und sachliche Kritik an Betreibern von Zuchteinrichtungen auch dann geäußert werden darf, wenn diese lieber anonym bleiben wollen“, so Peifer und ergänzt: „Wenn Tiere so brutal gequält werden wie in diesem Fall, dann hat die Öffentlichkeit das Recht zu erfahren, in welcher Firma dies passiert ist“.
Warum die Firma Dr. Zimmermann GbR und deren Gesellschafter so energisch gegen das Deutsche Tierschutzbüro und berichtende Medien vorgehen, bleibt unklar. „Offenbar hatte man Sorge, dass Kunden der Firma wie Siemens Healthineers aus Marburg abspringen würden“, vermutet Peifer. Wenn man dem Anwalt des Kaninchenzüchters Glauben schenken darf, dann ist dies bereits der Fall. Eine Firma aus Bad Bocklet habe demnach auf Grund der Berichterstattung die Zusammenarbeit beendet.
Die Staatsanwaltschaft Ellwangen (AZ 45 Js 9153/22) ermittelt übrigens weiter wegen des Verdachts der Tierquälerei, dies nach Kenntnis des Tierschutzbüros wohl hauptsächlich gegen Mitarbeitende der Firma Dr. Zimmermann GbR. Zum Stand der Ermittlungen liegen dem Tierschutzbüro aber keine aktuellen Informationen vor. In einer Petition bei Change.org fordern über 138.000 Personen, dass die Verantwortlichen bestraft werden (Link: https://ots.de/Vheq7I).
Auf Grund der Entscheidung des Oberlandesgericht Stuttgart hat das Deutsche Tierschutzbüro heute den Artikel von Feb. 2023 wieder online gestellt.
Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.tierschutzbuero.de/erfolg-gegen-dr-zimmermann-kaninchenzucht
Bildmaterial kann angefordert werden.
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