Stuttgart (ots) –
Drei Tage, vom 23. bis 25. Juli 2024, steckten Vertreterinnen und Vertreter sicherheitsbehördlicher Ausstiegsprogramme in Stuttgart die Köpfe zusammen, tauschten Erfahrungen, Forschungsstände und Formate staatlicher Ausstiegsarbeit aus. Eröffnet wurde die Tagung durch einen Videogruß des stellvertretenden Ministerpräsidenten und Innenminister des Landes Baden-Württemberg, Thomas Strobl. Hierbei rückte dieser das Erfordernis, dem weltweiten Phänomen von Extremismus und Terrorismus mit internationaler Expertise zu begegnen, direkt in den Fokus.
In nahezu allen extremistischen Phänomenbereichen kam es in den letzten Jahren zu deutlich steigenden Radikalisierungsprozessen. Laut Bundesamt für Verfassungsschutz sind bundesweit rechtsextremistische Gewaltstraftaten gegenüber dem Vorjahr im Jahr 2023 um 13 Prozent, auf registrierte 1.148 Fälle angestiegen. Im gleichen Zeitraum stiegen linksextremistische Gewalttaten mit erfassten 727 Delikten um 20,8 Prozent an.
Erst kürzlich realisierte sich die latente Bedrohung durch extremistische Einzeltäter auf tragische Weise auf dem Mannheimer Marktplatz. Dem mutmaßlich islamistisch motivierten Messerangriff eines Extremisten fiel ein Polizeibeamter zum Opfer, als er andere Menschen schützen wollte. Fünf weitere Personen wurden zum Teil schwer verletzt.
Seit über 40 Jahren betreiben deutsche Sicherheitsbehörden hoch professionell und erfolgreich Ausstiegsarbeit und beraten Menschen sowie deren Angehörige auf dem Weg aus extremistischen und terroristischen Ideologien oder Gruppierungen. Damit gehören deutsche Polizeibehörden und Verfassungsschutzämter weltweit zu den erfahrensten und führenden Akteuren in diesem Arbeitsfeld. Das konex, angesiedelt beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg (LKA BW), deckt mit seinem interdisziplinären Team, einem eigenen Landesbildungszentrum Deradikalisierung und einer eigenen Forschungsabteilung alle extremistischen Phänomenbereiche ab.
„Das Kompetenzzentrum gegen Extremismus in Baden-Württemberg ist bundesweit ein Leuchtturmprojekt der Extremismusprävention, bildet mit seiner wissenschaftlichen Fachexpertise in Deutschland eine einzigartige Struktur ab und unterstreicht diesen Anspruch mit der Durchführung dieser Internationalen Fachkonferenz“, so LKA-Präsident Andreas Stenger.
Das Angebot des konex nehmen immer mehr Ausstiegswillige an. Die Zahl ausstiegsbereiter Personen, welche die Unterstützung des konex anfragen, hat sich im Jahr 2023 verdoppelt. Dieser Trend setzt sich auch im laufenden Jahr unvermindert fort.
Für die beständige Weiterentwicklung, den notwendigen Erfahrungsaustausch und das Lernen neuer Ansätze in diesem komplexen Arbeitsfeld sind länderübergreifende Austauschformate von entscheidender Bedeutung. So stellten in Stuttgart bei der Fachkonferenz Experten des Federal Bureau of Investigation ihr Bedrohungsmanagement vor, das unter anderem Schoolshooting durch frühzeitige Sensibilisierung von Umfeldpersonen verhindern soll. Es wurden neue Ansätze der Extremismusprävention, insbesondere bei immer jünger werdenden Klienten in der Ausstiegsarbeit diskutiert. Die Generalstaatsanwaltschaft München, das Bundeskriminalamt, das Bundesamt für Verfassungsschutz gaben ebenso Einblicke in ihre Strukturen, wie führende Extremismusforschende, unter anderem der Harvard University, die über ihre aktuellen Erkenntnisse referierten. Mit Teilnehmenden aus Frankreich, Großbritannien, Österreich, der Schweiz, Deutschland und den Vereinigten Staaten fand ein intensiver Diskurs auf höchstem Niveau statt.
„In den drei Tagen der Fachkonferenz haben wir einen umfassenden Einblick in den aktuellen Stand der weltweiten Forschung und neue methodische Lösungsansätze gewinnen können. So kann Deradikalisierungsarbeit im übergreifenden Zusammenwirken und getreu unseres Slogans „Gemeinsam gegen Extremismus“ weiter verbessert werden“, so die Geschäftsführerin des konex, Bettina Rommelfanger.
„Es ist beeindruckend und gewinnbringend zu erleben, wie vielfältig und mit welchem hohen Ressourceneinsatz die unterschiedlichen staatlichen Akteure auf der ganzen Welt gegen die Bedrohungen durch radikalisierte Menschen vorgehen. Beratung für Radikalisierte und Forschung zur Radikalisierung auf höchstem Niveau zu verbinden, ist der Schlüssel zu erfolgreicher Ausstiegsarbeit, die wir im konex genauso praktizieren. Damit können wir rechtzeitig und mit maßgeschneiderten Maßnahmen auf das hochdynamische Feld des Extremismus reagieren. Das weltweit Expertinnen und Experten unserer Einladung zu dieser Fachkonferenz gefolgt sind, belegt den exzellenten Ruf, den das konex international genießt“, stellt Andreas Stenger, fest.
Hintergrund:
Zu den Kernaufgaben des Kompetenzzentrums gegen Extremismus in Baden-Württemberg (konex) zählt insbesondere die Ausstiegsberatung für radikalisierte Personen und deren Umfeld. Das konex ist seit 2018 im Bereich Islamismus und Rechtsextremismus tätig. Seit 2021 kamen die Bereiche auslandsbezogener Extremismus und Linksextremismus hinzu. Seit Arbeitsbeginn der Ausstiegsberatung wurden phänomenübergreifend bei etwas mehr als 700 Vorgängen eine oder mehrere Beratungen mit Ausstiegwilligen oder deren Umfeld durchgeführt.
Weitere Informationen sowie den Kontakt zur Ausstiegsberatung finden Sie unter www.konex-bw.de.
Rückfragen bitte an:
Landeskriminalamt Baden-Württemberg
Pressestelle
Jürgen Glodek
E-Mail: pressestelle-lka@polizei.bwl.de
Telefon: 0711 5401-2044
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